martedì, luglio 21, 2009

Charles Dickens (1812-1870)



Charles Dickens war ein viktorianischer, englischer Schriftsteller, welcher im englischen Bürgertum seine geistige Heimat fand.
Geboren und aufgewachsen in Armut, früh arbeitend, für seine Mutter und seinen Vater sorgend, seinen Geschwistern, gelang ihm schon in jungen Jahren ein beachtlicher beruflicher und sozialer Aufstieg aus einer der sozial schwächsten Schichten in die gehobene bürgerliche Mittelstandsklasse.
Dickens arbeitete als Journalist und versuchte sich mit 24 Jahren an einer Fortsetzungsgeschichte, welche in den folgendenden Monaten in Zeitungen bzw. Heften veröffentlicht wurde bzw. erschienen.

Diese Fortsetzungsgeschichte namens "Die Pickwickier" wurde ein beispielloser Erfolg (1.Folge: 400 Hefte; 15.Folge: 40.000 Hefte) und veränderte Dickens soziale Umstände, seine Lebensumstände, seine Art und Denken sehr.
Noch während Dickens am Buch "Die Pickwickier" arbeitete, 1836/37; begann dieser bereits mit der Veröffentlichung seines nächsten Buches; "Oliver Twist" (1837/38); welche den riesigen Erfolg der ersten Fortsetzungsgeschichte noch bei weitem übertraff.
Innerhalb von zwei Jahren, mit zwei Büchern hatte Charles Dickens den Gipfel des Erfolges erreicht und galt im gesamten englischsprachigen Raum als ein Literat von Weltniveau.


Dickens gilt heute als pflegeleichter, unrevolutionärer, dem Establishment angepasster, der englischen Tradition, dem Könighaus treu ergebener englischer Schriftsteller; welcher sich nach ersten Erfolgen in die Bourgesie einreihte und dort ein angenehmes, erfülltes und wohl auch mehr oder minder glückliches Dasein führte.
Seine sozialkritischen Ansätze werden heutzutage eher belächelt, im Gegensatz zu einem Henry Fielding, welcher direkter und härter schrieb, denn Dickens blieb bei allem was er schrieb doch verhältnismäßig zurückhaltend, scheu; ja bevorzugte die kindliche Perspektive, der erwachsenen Perspektive und man muss nur einmal die Schurken in Dickens Bücher näher betrachten....zu richtiger Grausamkeit, zu unmenschlicher Härte, zu Strömen aus Blut und Gewalt kommt es nicht; wird höchstens angedeutet. Harmlos also oder nicht?

Ich bin im Gegensatz zur heutigen Meinung davon überzeugt, dass Dickens Charles gerade dadurch, dass er auf grelle Effekte, auf Blutströme und abgehackte Gliedmaßen verzichtete, auf anstößige, "moralisch verdammenswerte" Frau/Mann Zusammenkünfte; dass er gerade dadurch eine viel breitere Akzeptanz erreichte und damit die Aufmerksamkeit auf soziale Mißstände viel besser lenken konnte, als etwa ein Henry Fielding.

Ich bin auch davon überzeugt, dass man das Revolutionäre in Dickens Schriften nicht unterschätzen sollte; ein "Oliver Twist" war für die damalige Zeit ein Meilenschritt; ein epochales Meisterwerk, dass gerade in seiner Harmlosigkeit seine riesige Wirkung entfalten konnte; dass durch das Fehlen von Radikalität, von Berauschtheit, denn durch kühle Nüchternheit und detailiertes Faktenaufzählen eine Wirkung gleich einer Revolution hervorgerufen wurde, nämlich jene, dass wohl zum ersten Mal die Bourgesie (nichts hören, nichts sehen, nichts fühlen), die bürgerlichen Kreise, ja die staatlichen Apparate die gesamte Unterschicht, diese riesige Anzahl an Menschen mit anderen Augen von da an erblickten; nicht mehr nur als Verbrecher, denn als Menschen!

In diesem Sinne möchte ich das folgende Gedicht für diese Phase im Leben Charles Dickens (1836/37 ) verstanden wissend, im Wissen um die Wirkung eines Werkes wie "Oliver Twist", Charles Dickens als einen "Vor-Sozialisten", als welchem ich ihn, durch seine Schilderung sozialer Mißstände zum Teil sehe; als einen Entdecker....nein, nicht des Penicilin, nicht des Buchdruckes, nicht Amerikas....nein, denn der Armut....

Die Entdeckung der Armut (z.ü.)

Nun nicht mehr nur
Nobles, Dezentes;
prächtig Schmeichelhaftes;
adeliges Feines;
denn Erschreckendes;
denn unter der Themse,
über die in der Gosse
Dahinsichenden;
über die im kapitalistischen Würgegriff
immerzu nach einem letzten Atemzug
Lechzenden;
die Kiel-Oben
durch ihr Leben
Ertrinkenden
und im Spinnennetz
der Makler, des Bürgertums
hilflos
sich Selbst Auszehrenden;
denn nun nicht mehr nur
im Korsett der Bourgesie
festgeschnürrtes Gefälliges;
devote Lobpreisungen
korrupter Ausbeuter;
denn
Verfaulendes und Stinkendes;
das Zähneklappern
der eisigen Kälte des Gegeneinander;
Stehlende, Bettelnde
und Betrügende;
erbitterst
um das Leben
Kämpfende.

Die Geisel der Menschheit,
die Armut,
beim Namen zu nennen;
wie in der Gosse
gestorben und gemordet,
gefeilscht und gehurt,
wie zwischen
wüstentrockenen Kindertränen,
vom Schmutz ergrauten Baracken
und von der Realität
krumm gebogenen
verlotterten Gestalten
gelogen und betrogen wird;
wie in den ausgelebten,
gequälten und gehetzten
Gesichtern,
der Dreck
zu Krankheit und Gewalt
austrocknet
und unter der Themse;
unten zu halten;
durch tollwütige
Autoritäten;
auf was noch weiter unten,
nichts auf dieser Welt
zu suchen, denn sich zu verstecken
hat;
denn nun nicht mehr nur
Adrettes, Schamhaftes;
den Reichen Wohlgefälliges;
denn die Fratzen, die Krüppel
und die Verbrecher.

Nun nicht mehr nur,
dass von allen so geliebte
Traditionelle, Reaktionäre
und Konservative;
denn das Dunkel des Elend,
die zu einem knochenharten Dasein
Verdammten;
unter der Themse,
unten in der Gosse,
des Unglück`s ungeliebte Heimat;
denn Sprache und Wörter;
Aufmerksamkeit
auf der Ärmsten
schrecklich Lebenslos;
denn nun nicht mehr nur
Glamoröuses vom Hofe,
beliebiges Oberschichtengeschwätz;
denn einer von vielen,
der den eingerosteten Strukturen
der Macht und des Kapital,
die Armut entdeckte.